Sie sind hier: Startseite » Fluglärm » Informationen

FRAPORT - eine Historie

Besuch der alten Tante

Vor 67 Jahren begann auf dem Frankfurter Flughafen mit der Landung der heute legendären Ju 52 das moderne Luftfahrtzeitalter

VON WOLFGANG SCHUBERT

Typisch für diese Stadt. Es war einfach wieder einmal zu eng geworden. Der alte Flugplatz am Rebstock platzte aus allen Nähten. Die "Goldenen zwanziger Jahre" hatten auch der Luftfahrt einen Boom beschwert. 1926 waren vom Rebstock aus London, Paris, Brüssel, Lyon, Marseille, Genf, Zürich, Basel oder Wien per Flugzeug zu erreichen. Und unter dem damaligen Oberbürgermeister Ludwig Landmann waren schon die ersten Pläne gereift, im Südwesten der Stadt einen neuen Flughafen zu bauen.

Die Nationalsozialisten griffen 1933 die Idee wieder auf. Nachdem Hitler höchstpersönlich im Stadtwald den ersten Spatenstich für den Bau der Autobahnen Kassel - Frankfurt - Mannheim und Würzburg - Frankfurt - Köln gemacht hatte, sahen die Nazis auch im Flughafenbau eine willkommene Arbeitsplatzbeschaffungsmaßnahme.

Nach achtzehnmonatigen Bauarbeiten wurde der Flughafen am 8. Juli 1936 mit der Landung einer Ju 52 der Deutschen Lufthansa offiziell eröffnet. Bereits zwei Monate zuvor hatten die beiden Luftschiffe "Graf Zeppelin" und "Hindenburg" den Linienverkehr nach Nord- und Südamerika aufgenommen. Der südliche Teil - auf dem nach dem 2. Weltkrieg die US-Air-Base angesiedelt wurde - war der Luftschifffahrt vorbehalten, im Norden landeten und starteten die Propellermaschinen. Die Landebahnen waren noch nicht befestigt. Das Flugfeld bestand komplett aus Rasen. Auch feste An- und Abflugstrecken gab es nicht. Je nach Windlage starteten die Flugzeuge in alle Richtungen durch.

Der Krieg beendete abrupt die Zivilluftfahrt in Frankfurt. Mehrere Transport- und Jagdgeschwader bezogen auf Rhein-Main ihren Standort. 1943 wurde in West-Ost-Richtung erstmals eine Bahn betoniert. Sie hatte eine Länge von 1500 Metern und war 50 Meter breit. Doch mehrere alliierte Luftangriffe mit mehr als 2000 Bombentreffern machten aus der Piste eine Kraterlandschaft. Die Gebäude waren bis zu 70 Prozent zerstört.

Nachdem noch im Laufe des Jahres 1945 amerikanische Feldtruppen mit deutschen Kriegsgefangenen die zerstörte Bahn wieder herrichteten und um 300 Meter verlängerten, wurde im Februar 1946 auf Anordnung der amerikanischen Besatzungsmacht vom Land Hessen und der Stadt Frankfurt mit dem Wiederaufbau des Flughafens begonnen. Im Mai 1946 landete mit einer Maschine der American Overseas Airlines (später Pan American World Airways) erstmals wieder ein Zivilflugzeug auf Rhein-Main.

Das Jahr 1949 brachte die nächste Zäsur. Rhein-Main erhielt eine zweite Start- und Landebahn. Grund: Die "Rosinen-Bomber", die zwischen Juni 1948 und September 1949 Tag und Nacht alle drei Minuten Richtung Berlin starteten, um die von den Russen blockierte Stadt mit Lebensmitteln und Kohle zu versorgen, hatten die einzig vorhandene Bahn ramponiert. Zwischen Frühjahr und Dezember 1949 wurde deshalb eine zweite Piste gebaut, 2150 Meter lang, 61 Meter breit. Die Baukosten betrugen sechs Millionen Mark. 2,5 Millionen übernahmen die Amerikaner.

Mit der neuen Bahn und der Übertragung der Verantwortung für Verwaltung und Bodenabfertigung an die Verkehrsaktien-Gesellschaft Rhein/Main (VAG), der Vorgängerin der heutigen Fraport AG, begann eine beispiellose Erfolgsgeschichte. Zehn Airlines flogen Rhein-Main wieder an, darunter Pan Am, TWA, Swissair, Air France, British Airways, KLM und die belgische Sabena. Bis Ende 1950 wurden 195 330 Passagiere sowie 13 076 Flugbewegungen registriert.

1951 zog sich die US-Airforce endgültig auf die Air-Base im Süden des Flughafens zurück. 1954 beschäftigte die Flughafengesellschaft, die sich inzwischen Flughafen Frankfurt Main AG (FAG) nannte, bereits 364 Mitarbeiter, sämtliche Firmen auf Rhein-Main zusammen kamen bereits auf 1500 Arbeiter und Angestellte.

Der Aufschwung ließ sich auch von zwei schweren Unfällen nicht aufhalten. Am 22. März 1952 war eine DC-6 der niederländischen KLM beim Landeanflug abgestürzt. Von 47 Menschen an Bord überlebten nur zwei. Am 14. August 1953 war eine Convair 240 der Sabena kurz nach dem Start am Boden zerschellt. Keiner der 44 Passagiere und Besatzungsmitglieder überlebte.

Am 1. April 1955 landete die erste Maschine der wiedergegründeten Lufthansa in Frankfurt. 1957 wurde bei den Passagieren erstmals die Millionen-Grenze übertroffen. Exakt 1,153 Millionen Menschen starteten und landeten auf Rhein-Main. In Bonn erklärte Bundeskanzler Konrad Adenauer, dass Rhein-Main als erster deutscher Flughafen für Düsenflugzeuge ausgebaut werde. In der Folge wurden die Startbahnen mehrfach verlängert.

Am 25. April 1958 landete eine russische Tupolew 104 als erstes Düsenverkehrsflugzeug in Frankfurt und brachte den stellvertretenden sowjetischen Ministerpräsidenten Mikojan zu einem Staatsbesuch in die Bundesrepublik. Am 2. April des darauf folgenden Jahres begann auf Rhein-Main mit der Eröffnung des Linienverkehrs mit Strahlenflugzeugen ein neues Zeitalter.

Das Jet-Zeitalter brachte leistungsfähigere und größere Maschinen - und damit mehr Fluggäste. Der beginnende Flug-Tourismus ließ die Zahl der Charterflüge nach oben schnellen, jährlich wuchs die Zahl der Passagiere um rund eine Million. 1968 waren es bereits sieben Millionen. Da war das neue Empfangsgebäude - das heutige Terminal 1 - bereits seit drei Jahren im Bau. 1965 hatte der damalige hessische Wirtschaftsminister Rudi Arndt dafür den Grundstein gelegt. Bundespräsident Gustav Heinemann eröffnete das Terminal mit seinen markanten "Fingern" am 14. März 1972 und sorgte sich um die gigantische Größe des Komplexes, an dem 36 Jets zugleich abgefertigt werden können, der einen eigenen S-Bahn-Anschluss, 38 Kilometer Gepäckbeförderungsanlage und eine 32 000 Quadratmeter großen Besucherterrasse hat.



Die Entwicklung übertraf alle Erwartungen. Sah Bundesverkehrsminister Georg Leber (SPD) die Kapazität des für 24 Millionen Passagiere ausgelegten Terminals "vielleicht erst im Jahre 2000" erschöpft, wurde der 30-millionste Fluggast bereits 1992 begrüßt und das Terminal Zug um Zug erweitert und optimiert.

Als Heinemann, Leber, der hessische Ministerpräsident Albert Osswald (SPD) und 2000 geladene Gäste noch feierten, war ein anderes Projekt zumindest auf dem Papier schon vorbereitet: Die Startbahn 18-West. Bereits im Dezember 1965 hatte die FAG beim hessischen Wirtschaftsministerium die Genehmigung für den Bau der 18-West gestellt. Planspiele für den Bau einer in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Piste gab es bereits seit 1954.

Es begann ein jahrelanger Kampf um das umstrittene Großprojekt, zunächst juristisch, dann mit Gewalt. Die 18-West spaltete eine ganze Region. Ausbaubefürworter und Ausbaugegner standen sich unversöhnlich gegenüber. Am 10. Oktober 1980 gab der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel grünes Licht für den Bau der 4000 Meter langen Piste. 1981 begannen unter starkem Polizeischutz die Bauarbeiten. Eine Mauer mit Stacheldraht musste die Arbeiter dahinter schützen. Davor war die Grenze zwischen friedlichen und gewalttätigen Demonstranten häufig nicht auszumachen.

Bevor 200 Hektar Wald fielen, wurde ein Hüttendorf zum Symbol des Widerstandes. Nach einer friedlichen Demonstration von mehr als 100 000 Menschen in Wiesbaden blockierten am 14. April 1984 Tausende den Flughafen. Brennende Barrikaden legten auf der Autobahn A 3 den Verkehr lahm. Die Polizei antwortete auf die Gewalt mit Brutalität. Drei Jahre nach der - ohne Festakt vollzogenen - Eröffnung der Startbahn West am 14. April 1984 erreichte der Protest noch einmal einen tragischen Höhepunkt: Bei einer Demonstration auf einem Wiesengelände in Walldorf wurden am 2. November 1987 zwei Polizeibeamte erschossen.

Den Ausbau des Flughafens haben die Proteste nicht aufhalten können. Der Airport ist weiter gewachsen. Im Süden ist die Cargo-City-Süd dazugekommen, im Norden 1994 das Terminal 2 eröffnet worden. Und jetzt steht der nächste Schritt an: Fraport hat den Bau einer vierten Bahn im Wald von Kelsterbach (Nordwestbahn) beantragt, will im Süden das Terminal 3 errichten und für die Lufthansa eine neue Jumbo-Halle bauen.

[ document info ]
Copyright © Frankfurter Rundschau online 2003
Dokument erstellt am 25.11.2003 um 00:00:53 Uhr
Erscheinungsdatum 25.11.2003 | Ausgabe: S | Seite: 35